Die E-Loks machten "klack-klack" wenn sie aus dem Bahnhof anfuhren
und zum Beschleunigen schalteten.
Die blauen von den Personenzügen, die grünen mit den Güterzügen
fuhren durch.
So ein lautes "klack-klack", dass das Herz fast in die Hose rutschte.
Fast wie bei den Kesselwagen. Dampfloks wurden immer weniger.
Die rechte Hand, die immer das Gitter der Schranke unterhalb des
Schlagbaumes berühren wollte,
die linke Hand, die immer gehalten wurde. Das Gitter unerreichbar.
Wie die Toten.
"Wer liegt hier?",
die längst bekannten Gräber auf dem Weg zum Urgroßvater,
die großen wie die kleinen, die schönen und gepflegten, die
verkommenen.
Und die geheimnisvollen abseits des Weges. In der Sonne.
"Tante, darf ich die Gieskanne holen?"
"Huhu! Frau Pius! Was macht denn ihr Bein?"
Frau Pius hatte eine tiefe Stimme.
Frau Pius hatte einen Bart und ging auch im Sommer nie ohne Pelzmütze.
Und sie machte Kindern Angst. Es war schwer, ihr zu entkommen.
Tante mochte sie. Auch Tante konnte man nicht entkommen.
Meistens stand Frau Pius am Komposthaufen. Kurz vor dem Brunnen.
"Tante, darf ich die Gieskanne holen?"
Zappel nicht so rum, sag Guten Tag!"
"Ich will nicht!"
"Ach, das Kind ist heute wieder furchtbar!"
Dringg dringg dringg, die Glocke der Schranke, wetten, der nächste Zug kommt von links?
"Kuck mal! die ist noch gut, kann ich die mitnehmen?"
"Nein, das ist Müll, lass die Blume da liegen, wir gehen ja
gleich."
Tante brachte immer Stiefmütterchen.
Tante liebte Stiefmütterchen. Besonders lilafarbene.
Und ekelte sich nicht vor Regenwürmern.
Und immer wurde gepflanzt. Eingepflanzt, ausgepflanzt.
Und immer wurde gewartet.
Bucheckern entlang der Mauer, Kastanien an der Ecke zum Urgroßvater,
der Knallerbsenstrauch am Brunnen,
die kurze lederne Latzhose, der Herbst, der nicht kommen wollte.
Dringg dringg dringg, wieder nicht geschafft.
Der Wunsch selbst Schrankenwärter zu sein.
Kein Zug im Bahnhof, gutes Zeichen.
Erdbeeren gab es. Mit geschlagener Sahne.
Der große Preis für Geduld.
"Na, wie war's heute?"
"Die olle Frau war wieder da."
"Das ist keine Frau, das ist eine Dame."